Unter dem Motto „Würzburg: Die Provinz auf Weltniveau“ schrieb die Würzburg AG 2009 einen Kreativ-Wettbewerb aus, bei der eine 360° Kampagne zur unverwechselbaren Positionierung der Stadt Würzburg entwickelt werden sollte. Das nahmen wir zum Anlass, uns ausführlich mit den fränkischen Eigenarten zu befassen und aus zwei der unzähligen Ideen, die uns dabei kamen, Lösungsvorschläge zu erarbeiten:
1. “Würzburg ist… Frænglisch”
Was den Franken offenkundig vom Rest der Republik abgrenzt – abgesehen von seinem festen Glauben Franken sei ein eigenständiges Bundesland – ist sein markanter Dialekt. Für fremde Ohren klingt er oft ruppig und unbeholfen, aber ironischer Weise auch ein bisschen wie Englisch. Das Wort „Mutter“ zum Beispiel wird mancherorts „Modder“ ausgesprochen, was dem englischen „mother“ nahe kommt.
Aus dieser Beobachtung entstand die Idee in Namen von Plätzen, Wahrzeichen, Institutionen und Spezialitäten Würzburgs nach weiteren phonetischen Ähnlichkeiten zu suchen. Diese haben wir dann wie folgt „übersetzt“:
Bocksbeutel – box boy tell
Mainwiese – mine we say
Kulturspeicher – cool tour spy share
Insgesamt wurden zehn Varianten entwickelt. Die entstandenen Wortkombinationen ergeben nur wenig Sinn und lassen viel Raum für Phantasie und Interpretationen. Aber sie catchen den Betrachter und fordern ihn geradezu heraus dem Unsinn auf den Grund zu gehen und sich näher mit dem Plakat zu befassen.
Als nächstes wird der Blick auf das hochgestellte Wort „Frænglisch“ gelenkt, eine Kontamination aus „Fränkisch“ und „Englisch“. Das „Æ“ wurde als Stilmittel aus der internationalen Lautschrift übernommen. Das Auge wandert wieder zurück zum englischen Kauderwelsch, folgt dem vorgezeichneten Weg weiter und findet schließlich die Auflösung als Fußnote: den hochdeutschen Begriff mit einer kurzen Information.
Wie bei grafischen Tanzanleitungen wird der Betrachter mit Hilfe von gestrichelten Pfeillinien Step-by-Step durch den Prozess geführt. Darüber hinaus betonen sie den spielerischen Charakter der Kampagne.
Die Umsetzung der Kampagne war in der ersten Phase durch CityCards in Flyerboards, Großplakate und eine Guerilla-Aktion in Fußgängerzonen geplant, bei der mit Schablonen und Sprühkreide komplexere „Choreographien“ zum Nachtanzen auf den Boden aufgebracht werden sollten.
Über einen Zeitraum von ca. 2 Jahren sollte die Kampagne in mehreren Phasen fortgesetzt und für weitere Medien entwickelt werden.
2. „Zeig uns Dein Wü-Gesicht“
Ausgangspunkt für diese mehrstufige Mitmachkampagne war die Idee, die Bürger der Stadt zu aktivieren und ihnen die Möglichkeit zu geben sich selbst kreativ am Projekt zu beteiligen. Dazu sollte ein Fotowettbewerb initiiert werden, bei dem die Teilnehmer Fotos von Menschen einreichen, die beim Posing für die Kamera das Wort „Wü“ sagem – sie sollten also ein „Wü-Gesicht“ machen.
Was für Betrachter zunächst wie ein Küsschen in die Kamera aussieht soll Neugierde wecken und einen witzig charmanten ersten Eindruck hinterlassen.
Begeisterte Bürger als Testimonials für die eigene Stadt zu gewinnen sollte zudem einen viralen Effekt auslösen, der darauf abzielte die Kampagne über die echten und virtuellen Netzwerke der Teilnehmer zu verbreiten und somit die Reichweite zu erhöhen. Der wachsende Social-Media-Hype wurde von uns bewusst als Multiplikator mit eingeplant.
Für die Kampagne wurde eigens ein Logo entwickelt, dass sowohl die rot-goldene Sturmfahne des Stadtwappens aufgreift, als auch eine Silouette der Festung Marienberg beinhaltet. Im unten dargestellten Beispiel wurde dem Logo noch ein Kampagnen-Claim hinzugefügt: „Die mit dem Ü-Tüpfelchen.“ Da die farbigen Quadrate als Ganzes wahrgenommen werden, kommt hier der Singular zum Einsatz, obwohl es sich eigentlich um zwei (hier vier) Diakritika handelt.
Hier erste Ideen und Etwürfe zu möglicher Merchandise-Kleidung: sportliche T-Shirts und Hoodies mit den Schmuckfarben Rot und Gold bzw. Goldgelb. Wie ein Sporttrikot können die Träger somit „Mannschaftszugehörigkeit“ zeigen. Durch unterschiedliche Buzzwords, in denen jeweils eine Silbe gegen ein „wü“ ausgetauscht wurde, kann sich der Träger dennoch als Individuum innerhalb der „Mannschaft“ positionieren.
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